Samstag, 11. Januar 2014

Rezension: Pathfinder Kampagnenwelt: Almanach der Riesen

Cover: Pathfinder ampagnenwelt
Almanach der Riesen

Verlag: Ulisses Spiele
Es ist ja mittlerweile Allgemein bekannt, dass zu Pathfinder so ziemlich alles auf die eine oder andere Weise einen Hintergrundband bekommt, der sich in gewisser Weise mit speziellen Fragen beschäftigt. Der Almanach der Riesen baut jetzt Quasi – abseits der Monsterhandbücher – eine Kultur um diese Speziellen, überlebensgroßen Wesen, welche aus Zahlreichen Märchen und der Mythologie bekannt sind.

Wirft man einen Blick auf das Cover so sieht man die riesige Gestalt eines Frostriesen, dessen Bart bereits mit Blut verschmiert ist inmitten einer von Bergen umgebenen Schneelandschaft. Die Streitaxt erhoben, um den nächsten Helden, welcher dem Betrachter des Bildes den Rücken zudreht, zu zerquetschen.

Die sehr ungemein optische Erscheinungsweise verdeutlicht im Grunde genommen bereits sehr deutlich, dass hier keine Spielercharaktere beschrieben werden, sondern den Kulturen der Spielleitercharaktere ein klein wenig Leben ein gehaucht wird. Was aber kann man daraus entnehmen?

Nach der üblichen Einleitung, welche einen auf die Faszination Riesen in unserer Kultur und den damit verbundenen Mythologischen Verweisen auf Zahlreiche unterschiedliche Quellen, die über Sagen und Mythen bis zu Märchen reichen, zehn Riesenvölker vorgestellt. Der Aufbau eines jeden Kapitels lässt sich folgendermaßen beschreiben: Zuerst kommt eine grobe Übersicht über das Bild, dass diese Riesen jeweils auf Golarion haben. In den Anschließenden Textabschnitten des jeweiligen Kapitels geht man auf Kultur, Lebensraum, und Funktion eines solchen Riesen im Spiel ein. (Das wird jeweils gepaart mit einer Zufallsliste, welche Schätze ein solcher Riese mit sich führen kann und einer Liste spezieller Eigenschaften, die einen Riesen des jeweiligen Volkes ausmachen. Den Abschluss des jeweiligen Kapitels bildet dabei ein Beispiel für eine besondere Führungspersönlichkeit der jeweiligen Kultur. (Das Kann ein Stammesoberhaupt, ein Weiser oder Schamane, aber auch ein besonderes Individuum mit konkretem Namen sein.) Abgerundet werden diese Kapitel jeweils durch die pathfindertypischen, sehr malerischen Illustrationen und einem kurzen „Reisebericht“, der immer eine Begegnung mit den entsprechenden Riesenvölkern beschreibt, als Einleitung zu dem entsprechendem Kapiteln.

Die Seiten an sich sind im dem üblichen Effekt gehalten, der an vergilbendes Pergament ein wenig vom Optischen her erinnert.

Doch was für Riesen werden jetzt vorgestellt? Nun, wie bereits beschrieben handelt es sich hierbei um zehn Stück an der Zahl:

Feuerriesen: Sind unerbittliche Schmiedemeister. Sie werden von einer grausamen Intelligenz getrieben, welche von Kindesbeinen auf darauf Trainiert werden, sich in den Kampf zu stürzen, um andere Wesen zu versklaven, die dann in den Mienen und Schmieden ihrer überdimensionierten Herren dazu getrieben werden, sich zu Tode zu schuften.

Frostriesen: Sind sowas wie die „noblen Barabren“, falls man das bei Riesen überhaupt irgendwo festmachen kann. Ihr Zuhause sind die kalten Gegenden Golarions, wo fast immer nur Schnee und Eis herrscht und dementsprechend haben sie sich dem Kampf ums überleben auch bitter gestellt.

Hügelriesen: Hier haben wir beinahe das Klischee unter den Riesenvölkern bestätigt. Hügelriesen sind nämlich – anders als die meisten ihrer Verwandten – zu dumm, um das Konzept von abstrakten Werten zu begreifen. Ihr Volk ist vermutlich mitunter das rückständlichste der gesamten Riesenschaft. Geprägt durch generationenlange Inzucht und gelebten Kannibalismus am eigenen Nachwuchs, überfallen Hügelriesen unglaublich viele Karavanen, um sich auf alles zu stürzen, was Essbar ist. Dabei werden unzählige Reichtümer einfach in der Gegend verstreut, weil unglücklicherweise gerade auf dem unglücklichen Lastentier lagen, das kurz darauf im Kochtopf des Hügelriesenstammes landen sollte.

Runenriesen: Wenn es so etwas wie eine „graue Eminenz“ unter den Riesen gibt, dass trifft diese Umschreibung auf die Hügelriesen zu. Magisch Hochbegabt handelt es sich bei diesen Wesen um ein lebendes Artefakt der Runenherrscher Golarions, welche zu ihrer Zeit eine unheilige Kreuzung aus zwei Riesenvölkern schufen, um damit Generäle für ihre Sklavenheere zu erschaffen. Heute, vom Einfluss ihrer einstigen Meister befreit leben die Runenriesen meistens Zurückgezogen in den Ruinen der Städten, die sie einst erbaut haben und lenken von dort aus dem Hintergrund heraus große Organisationen von „Dienerkreaturen“, als die sie sämtliche intelligenten Völker Golarions letzten Endes erachten.

Steinriesen: Dies hier sind vermutlich die tragischsten Wesen, welche unter den Riesenvölkern leben. Ihrer eigenen Mythologie nach sind sie der Ursprung aller anderen Riesenvölker. Direkt Verwandt mit den Taigariesen sind diese überaus spirituellen Wesen ehemalige Sklaven der Runenherrscher, welche man beinahe mit Golems verwechseln könnte, auf einem Scheideweg angelangt. Entweder sie versuchen zurück zu ihren alten Sitten und Gebräuchen zu finden, oder sie nutzen die Fähigkeiten, die ihnen ihre Einstigen Herren gaben, um die unglaublichen Gebilde auch weiterhin zu erschaffen, die sie einst um schmückenden Ruhm der Runenherrscher errichten mussten. Dieses Riesenvolk gehört vermutlich zu den friedlichsten Rassen der Riesenvölker und ist meistens als Verbündete und mögliche Mentoren von Abenteuergruppen gedacht.

Sturmriesen: Wenn die Frostriesen die wilden Barbaren unter den Riesen sind, so sind die Sturmriesen eine übellaunige Hochkultur unter den Riesenvölkern, welche in erster Linie darauf aus ist ihren eigenen Hochmut zu Pflegen. Sie können verbündete sein, sie können aber auch jederzeit den SCs in den Rücken Fallen, so ihnen das passt.

Sumpfriesen: Die Sumpfriesen sind für die gruseligen Momente das, was die Hügelriesen für den normalen Kampf sind. Mit einem eher amphibienhaften Äußeren bevölkern diese Wesen die Sumpflandschaften der Pathfinder-Welt lauern hier im Nebel verhangen ihren Gegner auf, die zu dumm waren sich ihnen zu nähern.

Taigariesen: Während Frostriesen vom Konzept her Barbaren mit Wikingereinschlag sind und die Steinriesen spirituellen Mönchen beinahe gleichgestellt werden könnten, so sind die Taigariesen der eher indianische-schamanisch-angehauchte Teil davon. Sie leben scheinbar in einem Grundlegendem Einklang mit der Natur, die sie bevölkern. Allerdings ist ihre Priorität dabei ganz klar das Überleben und Wohlergehen des eigenen Stammes zu sichern. Das heißt unter anderem auch, dass die Gegenden, in denen Taigariesen leben, zu Recht einen gefährlichen Ruf genießen, weil eventuelle „Kollateralschäden“ von kleineren Lebewesen nicht zu vermeiden wahren, die der Lebensweise der Taigariesen im Weg gestanden haben.

Wolkenriesen: Die Wolkenriesen sind ein ollygarchisch regiertes, blauhäutiges Vok von Riesen, das am stärksten durch seine polarisierende Gesinnung sich auszeichnet. Scheinbar gibt es bei diesen sehr gebährdeunfreudigen Wesen nur die extreme Gut und Böse, so das man am ehesten an der Behausung der – unter anderen Riesenvölkern als extrem Eingebildet geltenden – Riesen festmachen kann, ob man um die entsprechende Bergspitze, auf der das Anwesen trohnt, ein gerngesehener Gast sein könnte, oder besser einen Bogen machen sollte, ehe Schlimmeres passiert.

Zyklopen: Die Zyklopen sind die degenerierten Nachfahren eines alten Imperiums. Jetzt nur noch brutale Wilde ohne jeglichen Verstand für ihre eigene Geschichte vegetieren sie mit einem grenzenlosen Hass vor sich hin, der alle anderen Völker betrifft. Nur wenige, kurze Momente erleben sie, in denen sie aufgrund ihrer Hellsichtigkeit so etwas wie eine Ahnung der Zukunft erhaschen können.

All diese Details werden dabei auf ingsgesamt 63 Seiten zusammengefasst.

Fazit

Huh. Angesichts der Tatsache, dass hier ganze Völksgruppen beschrieben werden, hätte ich jetzt fast schon sowas wie einen Baukasten mit deutlich mehr Kreaturenfähigkeiten erwartet. Andererseits: Riesen sind eine klassische Monstergattung. Daher dürften „normale“ Individuen dieses Volkes vermutlich in den jeweiligen Monsterhandbüchern zu finden sein.

Und genau dort liegt gerade so ein wenig mein Problem: Rein Handwerklich betrachtet ist das Buch vollkommen in Ordnung und damit sehr zufriedenstellend. (In den Rahmenbedingungen, die das Buch abbilden will, kann man durchaus alles wiederfinden was man braucht um einige Sinnvolle Kampagne zu starten. Das Problem ist bloß: Will man das? Ich bin gerade meine immerhin etwa zehnjährige Geschichte mit D&D gedanklich durchgegangen… und dabei nur einmal auf einen Riesen gestoßen. Insofern ist in meinen Augen gerade die Prämisse des Buches ein wenig kompliziert zu deuten, denn immerhin besagt diese aus dem Vorwort ja, dass Riesen grundsätzlich von überragendem Interesse und kultureller Faszination seien. Wenn man also unter diesen Bedingungen nicht gerade einen besonderen Schurken in Form des Runenriesens, der im Hintergrund als „große Überraschung“ die Fäden zieht haben will, weil er eine ungewöhnliche Exotik darstellt, weiß ich aus meiner Sicht gerade nicht heraus, ob das Buch wirklich abseits von Vollständigkeitskäufern eine dermaßen große Bereicherung ist.

Insofern mag man mir hier bitte ein gewisses, subjektives Unverständnis gegenüber einer bestimmten Gattung von Fantasy-Wesen nachsehen, aber ich kann mir wirklich keinen tatsächlich großen Einsatz von Riesen in meinen persönlichen Kampagnen vorstellen.

Aus diesem Grund bin ich extrem zwiegespalten: Unter den Bedingungen, die man an einen solchen Almanach als Inspirationshilfe und Leitfaden für den Einsatz der entsprechenden Art in der eigenen Kampagne stellen kann ist das Buch objektiv betrachtet unglaublich nützlich. Es bietet wirklich genau das, was man braucht um einen entsprechenden „Spaziergang“ zu den Nistplätzen der Riesen zu organisieren.

Und aus diesem Grund richtet sich das Buch vermutlich auch in diesem Falle sehr speziell an Fans, die besonders große Monster in ihren Runden gerne einbauen, um den Charakteren der Helden auch mal ein etwas überdimensioniertes Problem an den Kopf zu werfen. Es ist wohl in diesem Fall gerade die Frage nach stile over substance, die gerade entsprechende Spieler besonders Anregen mag. Das ist allerdings schon immer eine grundsätzlich sehr spezielle, sehr subjektive Position, die nicht unbedingt von jedem Geteilt wird. Wer also wirklich nur begrenzte Verwendungszwecke mit der ganzen Thematik an Riesen hat, wird nicht unbedingt begeistert sein und sollte sich schon noch einmal das Ganze zweimal überlegen.

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