Montag, 24. Oktober 2011

Rezension: Erdenstern - Into the White

Cover: Erdenstern - Into the White
Die Diskussion über das Für und Wider des Einsatzes an Musik während Rollenspielsitzungen dürfte bereits jedem über den Weg gelaufen sein. Und wie bei jedem anderen unbeantwortbaren Streitgespräch dieser Art, dürften die Gründe für und gegen einen solchen Einsatz grundsätzlich durch ihre Mannigfaltigkeit glänzen.

Fakt ist aber ebenso, dass die Befürworter durch eine ständige Suche nach entsprechendem Material immer wieder auffallen und dabei im Laufe der Jahre einige Namen immer wieder auftauchen, wenn entsprechende Fragen im Netz gestellt werden. Erdenstern ist ein solcher Name, der mit der Reihe der Bibliothek der Fantastischen Musik in Deutschland seit mehreren Jahren mittlerweile fest im Sattel sitzt. 2010 erschien mit “Into the White” der damals als offizieller Abschluss der Serie geltende Tonträger, dessen Thematik in den kalten, weißen Norden den Zuhörer entführen sollte.

Rein äußerlich betrachtet ist es die übliche, grafische Qualität: Unter dem Album-Titel sieht man ein zentriert gehaltenes, diesmal beflügeltes Logo, das Assoziationen in Richtung Eis und Schnee wecken soll, wobei es sich auf einem weiß-gräulichem Grund befindet, der in die gleiche Richtung geht und durch eine leicht malerische Struktur in den Akzenten glänzt.

Der Inhalt besteht aus 21 Tracks in den gewohten Längen aus drei bis vier Minuten (und einigen Sekunden), welche eine hohe, qualitativ dichte atmosphärische Klangwelt mit sich bringen die vereinzelt durch gesang begleitet werden. Mal erinnert dies an indigene, folkloristische Klangwelten (Dog Sled), manchmal in seinem choralen Patos an etwas anderes (The white Guard). Wie immer liefert Erdenstern dabei auf der Rückseite ihres Booklets auch die dazugehörigen Hilfestellungen in Form von Schlagworten, welche Beschreiben sollen in welche Richtung das entsprechende Stück gerade gehen soll. (Und somit auch einem eher unvorbereiteten SL dabei geholfen werden kann, sich mit einem Blick auf die CD zu orientieren, welche Stimmung er gerade passenderweise wachrufen möchte).

Soviel zu den objektiv festhaltbaren Faktoren.
Jetzt zum Subjektivem.

Das Problem bei der Sache ist nämlich, dass wir hier immer noch von Musik reden. Von Musik, die Stimmungen wachrufen soll, während sie den Hintergrund einer Spielrunde beschallt. Und da ist Into the White ein Zwischending, das irgendwo zwischen den Stühlen sitzt. Denn eine der großen Grundfragen dürfte sicherlich sein: Was erwartet man vom hohen Norden? Und wie setzt sich dies dann in Klangwelten um? Und vor allen Dingen: Wie schafft man es, dass dieser Umstand sich dann auch bei allen gleichermaßen festsetzt? Eine 100%ig zufrieden stellende Übereinstimmung als Endergebnis wird es da sicherlich nicht geben. (Während ich dies hier schreibe läuft gerade der Track Nr. 12 – Cold Steel – und ich persönlich kriege die ganze Zeit über Bilder von Raumschlachten nicht vor dem inneren Auge vertrieben). Insofern ist die Winterthematik ein sehr undankbares Thema, aber durchaus auch ein Thema, dass halt immer spezielle, andersartige Querbedürfnisse braucht und daher durchaus auch Thematiken der anderen Alben Erdensterns noch einmal vereinzelt aufgreifen und neu interpretieren muss, damit sie in den speziellen Kontext passen. Insofern wecken ein paar der Tracks durchaus Assoziationen in die entsprechenden Richtungen von großer Weite, jedoch ist der Eis-Touch bei Dingen, die dann mystischer oder kriegerischer Natur sind nicht ganz so stark gegeben. (Auch wenn Snow Queen – Track 16 – durchaus in seiner verstörenden Art Weihnachtsstimmung wachrufen kann).

Fazit:

Taugt das Album was? Ja.
Schafft es das angekündigte Ziel zu erreichen? Jain.
Wie bereits im subjektiven Part angesprochen, handelt es sich bei dem Winterthema um einen gesonderten Sammelteil vieler verschiedener Themen, die bei jeder Person eine andere Sichtweise wachrütteln. Zwar schaffen es die meisten Stücke immerhin ein Gefühl von gehobener Weite, im Sinne einer weiten Reise wachzurütteln, jedoch ist das ein Thema der Reise, nicht der Kälte oder des Schnees. Insofern bleibt das Album in vielen Dingen ein problematischer Versuch. Man möchte fast freudestrahlend sagen: Gradios Gescheitert! Und Erdenstern für das Werk begeisterten Beifall zollen.
Die Stärke wie die Schwäche des Albums ist definitiv die Tatsache, das Eiswüsten keine prägenden Motive haben sondern letzten Endes Freiräume darstellen in denen Dinge stattfinden. Erdenstern füllen insofern diese Freiräume mit ihren ungeheuer dichten Klangwelten, laden aber den Zuhörer dazu ein, mit seiner eigenen Fantasie auf Streifzüge zu gehen, die ihn in die Irre führen.
Verloren inmitten von Eis und Schnee sozusagen.

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