Samstag, 28. Januar 2017

R.I.P.: John Hurt

John Hurt, 2015
Manchmal gibt es diese Schauspieler, bei denen man sehr spät und eher zufällig feststellt, wie stark sie einem in der eigenen, cineastischen Historie berührt haben. Bei mir fing es im Grunde genommen in der zehnten oder elften Klasse an. Im Kunstunterricht nahmen wir gerade H.R. Giger durch. (Und wer den Namen Giger sagt muss auch den Filmtitel „Alien“ erwähnen.) Jedenfalls wurde John Hurt damals von einem Facehugger erfasst und durchlitt alle Entwicklungsstadien bis zum Chestbuster, die danach noch übrig blieben. (Was bejanntermaßen nicht all zu viele sind.)
Und von da an war Hurt zwar als ikonische Figur in meinem Kopf zwar verankert, jedoch hatte ich ihn nicht so direkt als Namen abgespeichert. (Und wie das so ist: Irgendwann geht man die Filmografie durch und stellt dann ständig fest „Oh, Gott… den Film kenne ich ja… und den auch… und den...“ Jedenfalls war Hurt unglaublich umtriebig und hatte das große Glück in seiner Karriere immer wieder mal Rollen für sich gewinnen zu können, wo er eindeutig präsent war, mir aber nicht bewusst als dieser Schauspieler auffiel. (Zu viele Gesichter und Namen, die einem andauernd über den Weg laufen.)
Man könnte sagen, dass mein wirkliches Aha-Erlebnis in dem Moment für mich erst 2013 wirklich passierte: Am ersten Weihnachtstag stand ich in der kälte des Abends allein am Bahnhof und wartete auf einen Zug der mich nach Essen bringen sollte. Mein Ziel war es, einen Film zu sehen, der nur in einem einzigen Programmkino in einem erreichbaren Radius laufen sollte. Und das auch nur für eine sehr überschaubare Anzahl von Vorstellungen. Gemeint ist hier natürlich Jim Jarmuschs „Only Lovers Left Alive“. Tom Hiddleston und Tilda Swinton machten einen guten Job, das steht außer Frage. Aber es war dieser alte Mann, der den John Marlowe verkörperte, der dem Film in all seiner Skurilität etwas besonderes gab.
Und nur unwesentlich später haute mir eine DVD dieses Gesicht erneut um die Ohren. (Ich rede hier natürlich von Der Tag des Doktors, also dem 40 Jahre Special der Fernsehserie Doctor Who.)
Es gibt natürlich einige amüsante Anekdoten, wie letzten Endes Hurt die Rolle des War Doctors schmackhaft gemacht wurde. (Unter anderem die, dass er recht schnell festgestellt haben soll, dass er mit nur einem einzigen, sehr kurzem Auftritt zu einem vollwertigen Doctor mutieren würde. Mit eigener Action-Figur und allem.) Aber man muss auch sagen: Gerade diese unglaubliche Präsenz eines scheinbar gebrochenen und verzweifelten Mannes (er ist der Grund, warum die ersten drei Doktoren der neuen Serie von einem Trauma davonlaufen… okay, Tennent war in der Regel auch einfach nur so schlecht wie seine Drehbücher, das kommt da noch hinzu) gab diesem speziellen Stück Fernsehunterhaltung nochmal einen unglaublich eigenen Charme.
Von daher war es eine unglaubliche Überraschung, als das britische Hörspiellabel „Big Finish“ ankündigte, dass sie den War Doctor noch einmal mit Geschichten versorgen würden. Es war mitlerweile Bekannt gewesen, dass John Hurt mit einem Krebsleiden kämpfte. (Und einige Unkenrufer fragten auch, ob es möglich ist, dass der Mann diese Strapaze überhaupt schaffen würde.) Ja, er hatte es geschafft.

Allerdings hat John Hurt wohl jetzt auch endgültig diesen Kampf gegen des Krebs verloren. Es bleibt die Erinnerung an einen großen Schauspieler übrig, den viele mitbekommen haben dürften, ohne ihn unbedingt direkt im Fokus zu haben.

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