Montag, 2. Februar 2015

Rezension: Hailey Lind – Kunstfehler. Die Fälle der Annie Kincaid Band 1

Cover: Hailey Lind
Kunstfehler
Die Fälle der Annie Kincaid Band 1

Verlag: Feder & Schwert
Manche mögen es sich eventuell bereits gedacht haben: Ich habe eine gewisse Vorliebe für das große, sehr strittige Thema „Kunst“ in all seinen Facetten. Darum versuche ich auch immer wieder diesen speziellen Fokus hier und da mal wieder aufzugreifen.
Diesmal handelt es sich um einen 380 Seiten starken Krimi aus dem Hause Feder & Schwert.
„Kunst“ ist deswegen hier ein Thema (neben der Tatsache, dass das Wort im Titel auftaucht), weil es sich bei der Protagonistin der Erzählung, Annie Kincaid, um eine Fauxfinisch-Malerin handelt, die in ihrer Jugend unter dem Einfluss ihres Großvaters auf die schiefe Bahn geraten war und einige (ihrer eigenen Darstellung nach) durchaus sehr vorzeigliche Fälschungen alter Bilder angefährtigt und auf dem Markt plaziert hatte. Jetzt, Jahre später, hängt ihr diese „Jugendsünde“ immer noch nach, auch wenn sie auf die Bitte eines alten Freundes hin nur ein Bild auf seine Echtheit hin überprüfen soll. (Es geht dabei namentlich um das Bild „Die drei Weisen“ des italienischen Barockmalers Caravaggio.)
Das Problem, dass sich daraus ergibt, ist, dass anschließend ein Mord in dem entsprechendem Museeum passiert, mehr als ein Carravagio im falschen zustand im Umlauf sind und darüber hinaus auch noch einige Zeichnungen existieren, die Anni unbedingt wiederbeschaffen muss. (All das garniert mit einigen Gaunern, die parallel zueinander die gleichen Ziele mit unterschiedlichen Bedürfnissen verfolgen.)
Und irgendwo mittendrin hockt auch noch ihr Großvater, der ihr Einst das Fälscher-Handwerk beigebracht hatte.

Die Handlung wäre damit umschrieben, kommen wir jetzt zum scheinbar problematischen Teil. (Und ich meine damit nicht, dass die eigentliche Zielgruppe anscheinend weiblicher Natur ist. Der „Romantik“-Faktor (ehrlich gesagt muss man das eher als Notgeilheit bezeichnen) verhält sich hier glücklicher Weise in erträglichen Ramenbedingungen.
Problematischer sind hier die in dem Buch überall propagierten Kunstbegriffe. Zum einen wäre das der Begriff des „Fälscherhandwerks“ selbst. Jedes einzelne Kapitel des Romans wird mit einem Auszug aus einem unvollendeten Manuskripts des selbsternannten Meisterfälschers George LeFleur begonnen, der mit sehr aufgebrachter Polemik die „Stil-Fälschung“ als eigenständige Kunstform zu verteigen versucht.. (Zur Erklärung: Im Bereich der Kunsttheorie gibt es ein paar wenige Essays, die sich mit der Fälschung als Kunstwerk beschäftigen und dabei zwischen Werksfälschung – als Fälschungen bekannter Werke im Sinne von bloßem Abmalens – und Stilfälschungen – im Sinne von neuen Arbeiten, die die Arbeitsweise bekannter Künstler nachempfinden – unterscheiden.
Paralel dazu läuft nebenbei in der Handlung ein geradezu unangenehm reaktionärer Kunstbegriff, bei dem die „Altmeister“ als einzig wahre, ewig überzeugende Handwerker hochgehalten werden, während alles spätestens nach 1945 als „minderwertig“ abgetan wird. (Was in sofern unschön ist, weil auf diesem Weg nicht mal im Ansatz die Bereitschaft gezeigt wird, sich auf die Frage einzulassen, was Personen an diesen Werken faszinieren kann. Außerdem wird bei dem „kanonisierten“ Altmeistern nur zu gerne übersehen, dass hier ein kunsthistorisches Ausmisten im neunzehnten Jahrhundert stattgefunden hat, was die Museen anbelangt.)

Das Ganze wird dann noch mit einem Ansatz an immer wieder mal auftauchenden Szenen untermalt, die irgendwie absurd-komisch auf ihre Weise sind... wo man allerdings beim Lesen das Gefühl nicht los wird, dass sie insgesamt dann doch eher ernstgemeint sein sollen. (Ich weiß nicht, ob dies einem Versuch geschuldet ist, das Gangstertum ins Lächerliche zu ziehen, oder aber die Vorstellung untermauern soll, dass „Künstler“ - welcher Definition auch immer man da folgen meint zu müssen – doch eher als unfähig jenseits ihrer ästhetischen Lebenswelten dargestellt werden sollen. Das Ganze riecht irgendwie nach einer eigenwilligen Politik der Charakterisierung der jeweiligen Figuren, die sich mir allerdings nicht vollständig erschließen will.

Fazit

Ich bin nicht vollständig zufrieden mit diesem Buch, wie man sich sicher bis hierhin denken kann. Was ich durchaus sehr toll finde, ist der zum Teil doch eher gewagte Versuch, mit einem selbstbewussten Ansatz der Stilfälschung betreibenden Individuen zu spielen. Was mir weniger gefällt ist der doch sehr biedere, reaktionäre Kunstbegriff, der hierbei die Grundlage sein soll.
Und die Tatsache, dass immer wieder absurd-komische Platitüden an Szenen aufgebaut werden, welche mit dem Klischee des „Typs mit der Kanone“ spielen, der – angeblich – immer dann auftauchen soll, wenn man als Autor in seinem eigenen Plott nicht mehr weiter weiß, ist auch nicht gerade erbauend. Jenseits dieses Ganzen muss man aber sagen, ist die Idee allein, mit einem Künstler – welcher Definition auch immer – in der Hauptrolle als ermittelnde Person einen Krimi zu beginnen und darauf aufbauend bestimmte Lebensweisen zu spinnen, die durchaus der Realität zum Teil entsprechen können. (Aber nicht müssen.) Insofern bin ich wirklich zwiegespallten, was das hier angeht. Ich werde mir wohl auf jeden Fall noch den zweiten Band zulegen, um meine Meinung in irgendeine Richtung am Ende entweder zu refidieren oder zu bestätigen, aber für den Augenblick bin ich doch ein wenig enttäuscht, dass hier etwas, dass durchaus Potential hätte haben können auf diese Weise in eine unfreiwillige Lachnummer sich umwandelt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen