Montag, 26. Februar 2018

Fragment einer Idee [Karneval der Rollenspielblogs]


Ich weiß nicht so genau ob ihr das kennt: Man beschäftigt sich mit etwas und weil dabei noch eine zweite „Nebenbeschäftigung“ hinzukommt beginnen die eigenen Gehirnwindungen nebenbei zusätzlichen Blödsinn zu produzieren. Sowas passiert auch bei mir regelmäßig auf verschiedenen Ebenen (vorrausgesetzt natürlich, dass ich dabei irgendwelche „sinnvollen“ Sachen als „Hauptbeschäftigung“ auch noch in meinem Bewusstsein habe.)
Leider muss man sagen, dass manchmal einige dieser seltsamen Ideen sich zwar irgendwie verselbstständigen, ohne dass sich dabei wirklich ein weiteres Ausarbeiten tatsächlich ermöglicht.
Tja… da das Thema dieses Monats „Olle Kamelle“ heißt, wollen wir also das Fragment meiner Überlegungen an die Öffentlichkeit setzen. Und eventuell greifen andere das Ganze auf und können es nochmal erweitern und ausarbeiten. Anders Nutzbar machen.
Wie einige vielleicht noch wissen gehöre ich zu den Leuten, die Caninus und Teddy damals gefragt haben, ob sie sich irgendwie am Blogprojekt „Neue Abenteuer“ beteiligen wollen, als sie die Blutschwerter verließen und dabei zumindest ein paar der „fleißigeren“ Rezensenten aus dem entsprechendem Team irgendwie weiterhin als aktiven Part der Szene sehen wollten.

Während dieser Zeit hatte ich ja auch die Rezension zur Pathfinderbuch über den Abyss verfasst. Und dummerweise auch noch die CD „Unendlich“ der Rockband Schandmaul gerade „neu“ erworben. Jetzt ereignete es sich damals, dass ich irgendwo inmitten der Tiefen des Abysses lesenderweise steckte und im nächsten Augenblick spielte mein CD-Player ursplötzlich den Song „Bunt und nicht braun“ ab. Das wäre soweit nicht sonderlich bemerkenswert, wenn nicht ausgerechnet die Zeile „Auf unserem Kreuzzug für mehr Toleranz, laden wir ein.Teil des ganzen wäre. (Zur Erklärung: Der Abyss hat sehr viel mit Kruezzügen indirekt am Hut. Zumindest solange man den entsprechend dazugehörigen Abenteuerpfad „Zorn der Gerechten“ mitbetrachtet.

Aber zurück zu dem Grund, warum ich mein Gehirn hasse: Insgesamt hat diese eine kleine Zeile spontan ein Bild von dem ausgelöst, was was man einen „Kreuzzug der Narren“ bezeichnen kann, der sich durch die Landschaften fräßt, die ich als Abyss assoziiere.

Das Hauptproblem bei der ganzen Sache ist, dass ein „Kreuzzug der Narren“ eine militärische Ordnung auf irgendeine Weise vorraussezt, die man aber auf die üblichen Funktionen von „Narren“ umdeuten muss. Insofern bin ich noch nicht sonderlich weit gekommen,da mir da vermutlich einige Bücher noch fehlen, mit denen man eventuell entsprechende Klassen in die entsprechende Richtung umdeuten kann. Ich denke da im Momeen tnoch sehr klassisch, über Pathfinder nach, was eine entsprechende Ausbildung der jeweiligen „Paladine der Narretei“ anbelangt. Und habe das Konzept der „Freakshow“ als Gestaltungsmerkmal für mich erstmal festgemacht. Nur das war es dann fürs erste auch. Gerade bei der Frage: Was treibt Narren dazu, einen solchen Kriegszug überhaupt erst zu begehen? Scheitere ich für den Augenblick auch noch ein wenig. Von daher bin ich eigentlich noch meilenweit von irgendwas entfernt, was in irgendeiner Weise eigentlich präsentabel wäre.

Für mich steht zwar bislang fest, dass das Ganze auf irgendeine Weise ein Akt der Reue sein muss (wie sonst würden sich dermaßen zynische Momente bilden, wie irgendwelche eigentlich auf zyrkusatraktion getrimmten Gestallten in einem finsteren Kampf verwickelt zu wissen?) Aber der genaue Zusammenhang ist da bis jetzt für mich noch nicht wirklich festgemacht.


Wie gesagt: Hierbei geht es nur um ein Fragment, ein „olles Kamell“, dass mal eben zu einem geeigneten Moment in die Menge geworfen wird. Ob ich daran weiter arbeiten werde, weiß ich selbst noch nicht. Aber ihr wisst jetzt zumindest schon mal bescheid, dass da eine paar Überlegungen existieren, die mich selbst in den Wahnsinn treiben. Für Hinweise, auf was ich eventuell zurückgreifen kann, bin ich selbst durchaus dankbar. Das ganze Ding lässt mich einfach schon zu lange nicht loß.

Montag, 19. Februar 2018

Rezension: Matra Milan: Talisman Himari 01

Cover: Matra Milan
Talisman Himari 01
Verlag: Planet Manga
Ich denke ich habe gerade eine weitere Serie aus dem ganzen Roamntik-Teenage-Manga-Bereich herausgepickt bekommen, die mich bis zu einem gewissen Grad reizt. Talisman Himari ist eine weitere dieser Zahlreichen romantik School-Kids-Geschichten, die wohl im weitestem Sinne dem Harem-Genre zugerechent werden müssen.

Yuuto Amakawa ist gerade 16 Jahre alt geworden. Seit dem Tod seiner Eltern lebt er allein, wird dabei allerdings die meiste Zeit von seiner Nachbarin und Kindheitsfreundin Rinko Kuzaki auf trab gehalten, welche ihn jeden Morgen weckt und anscheinend als so etwas wie ihr Eigentum betrachtet. Das besondere ist, dass er ausgerechent ind er Nacht zu seinem Geburtstag mit einem mal einen seltsamen Traum erfährt, der mit einem Blick auf den Talisman Endet, den er seid mehreren Jahren bei sich trägt und der ein Geschenkt von seinen Großeltern war.
Dieser Traum war allerdings nicht das einzige Problem an der gesammten Geschichte: Mit einem mal tritt ein neues Mädchen in sein Leben ein, dass ihm zuerst auf dem Schulweg begegnet und anspricht, allerdings schnell wieder dabei verschwindet. (Das ungewöhnliche dabei ist: Sie trägt ein Schwert bei sich.) Bei der zweiten Begegnung rettet sie Yuuto das Leben, als dieser von einem besessenem Mitschüler angegriffen wird. Die dritte Begegnung ist dann allerdings fast schon wieder als geradezu absurd zu bezeichnen: Das fremde Mädchen liegt direkt auf Yuuto, als dieser mitten in der Nacht aufwacht. Gekleidet in einem traditionellem Kimono und zeigt dabei ein sehr aufreizendes Verhalten, dass eher in eine andere Richtung geht als das, was sie ihm daraufhin eröffnen muss: Yuuto ist anscheinend der letzte Nachfahre eine bestimmten Familie von Monsterjägern, welche es auf sogenannte Ayakashis in der Vergangenheit abgesehen hatten. Bislang war Yuuto dabei von der magischen Kraft des Talismans seiner Großeltern geschützt gewesen, doch jetzt hat dieser seine Wirkung verloren. Und da dies zur Folge hat, dass das Leben von Yuuto nicht „Mindestens haltbar bis“, sondern wirklich „Tödlich ab“ diesem Zeitpunkt ist, tritt Himari – so der Name des Mädchens – auf dem Plan. Sie ist die Nachfarin einer langen Reihe von Katzen-Ayakshis, von denen ein Ahne in grauer Vorzeit Yuutos Familie absolute Treue schwor. Und auch Himari sieht sich an diesen Schwur gebunden. (Was allerdings für einigen Wirbel auf Lange sicht sorgt. Nicht nur weil Yuuto eine unglaublich stark ausgeprägte Allergie gegen Katzenhaar hat.)
Was folgt ist dann die übliche Geschichte in der sämtliche Beteiligten lernen müssen miteinander zu leben. Himari und Rinko beginnen dabei zuerst einen unglaublichen Streit durchzustehen, während Yuuto sich die ganze Zeit fragt, was er eigentlich falsch gemacht haben könnte.
Wobei einer der ganz zentralen Aspekte an der ganzen Geschichte eher der Umstand ist, dass Yuuto eigentlich gar kein Bedürfnis danach hat, irgendjemandem ein Haar zu krümmen. Jedoch wird er dabei von anderer Seite skeptisch beobachtet, denn die Ayakashis selbst sehen in ihm eine Bedrohung, die es auszumerzen gilt.

Grundsätzlich haben wir hier erstmal einen Grundsoliden Plot mit der üblichen Settings-Findung, die so gesehen gar nicht so viel Aufwand bedarf, wie es in anderen Serien manchmal der Fall ist, dass sich Talisman Himari viel mehr an der normalen Situation zu orientieren scheint, welche die derzeitige Gesellschaft aufmacht, als es bei anderen Serien der Fall wäre. Wir haben hier erstmal nur einen normalen Schulalltag, in dem eine kleine, verschworene Gemeinschaft von „Verschwörern“ reinplatzt, die aber in ihrer Alienhaftigkeit weder die direkte Nähe zu der Gesellschaft such, noch unbedingt viel direkten Kontakt in diese Richtung überhaupt aufweist. (Technisch muss man wohl davon ausgehen, dass nach einem mehr oder weniger Jahrhunderte andauerndem Genozid unter den Ayakashis einfach zu wenige noch übrig geblieben sind, als das sich diese viele Auffälligkeiten leisten könnten.) Stattdessen haben wir hier eifnach nur einen scheinbar normalen Jungen und das übernatürliche Element, dass als Running Gag mit Himari und ihrer Katzenform eingeführt wurde. Dadurch, dass mit Rinko bereits sowas ähnliches wie eine romantik Interest in der Geschichte mitspielt wird darüber Hinaus der übliche Comedy-Faktor mit eingebracht, den das Harem-Genre aus meiner Perspektive ausmacht. Es gibt eine Art konkurrierenden Wettstreit zwischen den beiden Mädchen um Yuuto, der aus unterschiedlichen Gründen gefochten wird – wie man meinen möchte. Allerdings nimmt Himari ihre Funktion als Beschützerin nur halb so ernst, wie sie vermutlich eigentlich sollte. (Sie gräbt ihren „jungen Herrn“ schlicht und ergreifend zu jeder nur unpassenden Gelegenheit an.) Insofern haben wir hier auch noch dieses gewisse Spiel mit einer langsam erwachenden Sexualität. (Aufgrund der Szene in der Nacht zwar immer noch sehr plakativ aufbereitet, aber deutlich weniger Aggressiv und mit dem Holzhammer, als es Beispielsweise bei Rosario+Vampire der Fall ist.)
r den Anfang einer Serie ist das alles also noch sehr harmlos gehalten, auch wenn ein paar etwas abstrusere Momente mit hineinkommen, die eventuell für ein wenig mehr typischen, japanischen Wahnsinn sprechen.

Fazit

Eine nette, kleine Geschichte, die erstmal den Anfang von jeder Menge Trubel andeutet. Wir haben hier einen eher pazifistischen Protagonisten und einen ganzen Haufen zänkischer Weiber, die sich liebend gerne gegenseitig an die Gurgel gehen würden, aber eigentlich bis heirhin noch zu zivilisiert sind, als das sie es wirklich durchziehen könnten. In sofern erfüllt das Ganze auf jeden Fall die entsprechenden Erwartungen, die man vielleicht an eine solche Geschichte stellen mag. Es ist leider noch nicht so überdreht, wie ich es eigentlich erwartet hätte, aber entweder heißt das jetzt, dass ich noch überrascht werde, weil das, was ich als „typisch japanisch“ gehalten hätte, doch sehr speziell für eine bestimmte Subgenre-Konvention innerhalb eines bestimmten Subgenres darstellt.

Aber ansonsten ist das schlicht und ergreifend wieder einmal eine weitere Geschichte, die von Anfang an die Bedingungen schafft, unter denen später die Harem-Idee mit allen ihren stilistischen Tropes ins Feld gebracht werden.

Montag, 12. Februar 2018

Rezension: Chastity. Life/Death (written by Marc Andreyko)

Cover: Chastity vol. 01
Life/Death
Verlag: Chaos Dynamite/Dynamite Entertainment
Und hier hätten wir auch schon die zweite Origin-Story. Wie ich im Zusammenhang mit „Theatre of Pain“ schon erzählt hatte, sind Chaos Comics irgendwann Anfang der 2000er-Jahre plaeite gegangen, nachdem der Verlag in den 90ern einen Nerf getroffen hatte, der nur all zu sehr den damaligen Zeitgeist atmete, verfolgt von Weltuntergangsphantasie und anderen „Problemen“.
Danach war dann für eine ganze Weile lang erst einmal nichts mehr los mit großen Teilen der ganzen Figuren, die Brian Polido damals für den Verlag erschaffen hatte. (Abgesehen natürlich von Lady Death, die nach einem kurzen Debüt bei Cross Gen, die den Markennamen, nicht aber die Figur an sich, haben wollten und deswegen alles verunstalteten, bei Avatar Press landete.)

Chastity und die restlichen Chaos-Figuren machten stattdessen eine etwas weniger ereignisreiche Reise (bei der ich allerdings nicht so ganz durchblicke – wie ich es noch vor einigen Wochen meinte-, welcher Verlag jetzt wozu gehörte.) Fakt ist nur: Am Ende gab Dynamite Entertainment dem ganzen 2014 eine Chance und startet mehrere Figuren in kleinen Miniserien noch einmal neu, die jeweils 6 Hefte fürs erste umfassten. (Nur das seitdem nicht mehr so viel passiert ist.) 2015 kam dann der Sammelband mit seinen 160 Seiten raus, den wir hier jetzt vor uns liegen haben.

Diese Neuinterpreatation beginnt im Jahre 1985. Chastity ist ein junges Mädchen, dass sich bei einer Turnübung am Balken, welche als Qualifikation für die Olympischen Spiele dienen sollte, das Bein gebrochen hat und damit für ihre Familie – ganz besonders ihre Mutter – mit einem mal zum großen Fiasko wird. Um es mit den Worten des Comics auszudrücken: „At this Moment I knew my mom would‘ve send me to the glue factory, if she could have.“ (Die Analogie hierbei ist, dass Chastitys Familie so dargestellt wird, dass ihre Tochter nichts anderes wäre als ein Rennpferd, dass man möglichst schnell und noch irgendwie Gewinnbringend entsorgt, wenn es nicht mehr in der Lage ist, die geforderten Leistungen zu bringen.) Den einzigen Ausweg bei der ganzen Geschichte findet Chastity in Büchern, besonders die „Blood Rose“-Reihe der Autorin Alyce Stonecliff hat es ihr dabei angetan. Chastity wird zu einem Groupie und nutzt die Chance, das entsprechende Autorin in New York eine Signierstunde gibt aus, um die Schule zu schwänzen und sich ein Autorgramm abzuholen.
Wenn ich die Sache jetzt verkürzen will kann ich nur eines Sagen: Die Geschichte endet damit, dass Chastity in zwei Hälften zerrissen im Krankenhaus landet und darüber hinaus zur Vollwaisen gemacht wurde. Das allerdings sorgt dann anschließend für eine ganze Menge Wind in der übernatürlichen Community. Ganz besonders unterhalb der Vampire ist es unglaublich auffällige, dass eine gewisse Schriftstellerin mal wieder sämtliche Hemmungen verloren hat und sich jetzt bescheuert durch die Gegend meuchelt.

Was folgt sind ein Haufen Gore-Szenen, weitere Rückblenden und sowas wie ein Mentor-Moment, wo eine andere Erklärung für diese Inkarnation von Chastity gegeben wird und warum sie ihre Eigenschaften als für andere Vampire „unsichtbar“ sein auch hier wieder erhalten hat. In dieser Dynamite-Inkarnation ist sie nämlich (auch wenn sie in weiten Teilen ihren eigensinnigen Kleidungsstil beibehalten hat) ein Hybrid zwischen Mensch und Vampir. (Und braucht deswegen nicht Nachts rauszugehen um mal eben Dinge einzukaufen, oder Blut saufen, um überhaupt auf den Beinen zu stehen.) Man liest halt eben die Geschichte eines Vergewaltigungs-Opfers, das nur Knapp einem Mord entgangen ist und jetzt zurückschlägt. (Und stellenweise dabei immer wieder mal mit dem Umstand zu kämpfen hat, dass die Gesellschaft dem Opfer die Schuld gibt.)

Den Abschluss bildet dann noch eine Geschichte in der Gegenward, wo Chastity einen Haufen entführte Kinder von einem in der Kanalisation lebendem Santa Claus befreien muss. (Und wer hier an Clan Nosferatu denkt hat sicherlich nicht ganz daneben gelegen.)

Man bemerkt, dass diese Chastity (ohne Übersicht der wenigen anderen Bände aus den „Dynamite Chaos“-Serien) in einem anderen Zeitalter entstanten ist. (Es sind zwanzig Jahre vergangen, seitdem die Ursprüngliche Chastity Marks vor ihrem „abusive Father“ davongelaufen ist. Seitdem hat sich einiges am Blick auf das Genre, die Figur des Vampires und auch die Rolle der Frau in der Pop-Kultur getan und ist auf diesem Weg auch hier in die Geschichte eingeflossen.) Zwar ist immer noch diese Gefühlskälte des Elternhauses das tragende Element, das große Teile des Hintergrundes bestimmt, um zu verstehen, wieso Chastity eventuell so tickt, wie sie tickt, allerdings wird durch das, was man allgemein als „Ballet-Mutter“ bezeichnet, eine andere Form von Gefühlskälte charakterisiert. Und das daraus dann ausgerechnet eine Obsession für den Vampir-Roman in einer gewissen romantischen Betrachtung (wobei hier wohl eher eine Romanze unter Raubtieren das tragende Element ist und nicht – wie in letzter Zeit so gruselig plakativ gemacht – das Konzept von üfr) entspring, ist ein geradezu sarkastischer Kommentar, dass in den 2000ern mit Twilight – zumindest innerhalb der „Young Adult“-Literatur – mit einem mal der Vampir zum romantischen Symbol ewiger Liebe umfunktioniert wurde.
Klar: Die Vampire von Chastity sind weiterhin Raubtier ohne wirkliche Moral. Und das zentrale Element der verborgenen Gesellschaft mit übergeordneter Regierung ist auch geblieben. Nur verändert man schon allein dadurch das Thema der Vampir-Assasinin, indem man den Hauptcharakter nicht als Teil der entsprechenden Gesellschaft charakterisiert, sondern Chastity zur Ausgestoßenen macht, die Aufgrund ihrer Natur als „Fickunfall“ (das jetzt bitte sehr sarkstisch sehen, aber hier kommt ein wenig die Redewendung ins Spiel, dass ein Wort, dass in der einen Sprache Liebe heißt in der anderen Fressen bedeuten kann, zum tragen) eine gejagte Jägerin ist, die Vampire töten muss, um selbst überleben zu können. Das passt zwar auch noch, zeigt aber auch, dass Chastity in dieser Inkarnation nicht unbedingt einer ästethischen Gesamt-Vision entsprungen ist, wie sie Pulido mit seinen Charakteren in den 90ern noch hatte, sondern einfach nur noch als postmodernes Flickwerk sämtlicher aktuell vorherrschenden Trendsichtweisen über Vampire sich präsentiert.

Insofern muss man leider ein paar Augen auf der Fanboy-Skala zudrücken, was eine eventuelle Erwartungshaltung anbelangt. Allerdings kann die Story ansonsten durchaus überzeugen, solange man einfach nur wissen will, wie Dynamite ihre Serie von Chastity gestrickt hätte. (Sie hat ja auch noch mindestens einen weiteren Auftritt in einer anderen Erzählung, die anscheinend ein großes Aufeinandertreffen sämtlicher Neuinterpretationen der alten Chaos-Monster-Helden darzustellen scheint. Eventuell werde ich in diese Geschichten auch noch einen Blick werfen und kann dann mehr zu dem Thema sagen.)

Fazit


Chastity hat sich 20 Jahre nach „Theatre of Pain“ extrem verändert. Die Basis-Elemente einer Assanine, die nicht unbedingt Teil der Vampir-Gesellschaft ist, wohl aber irgendwie zur Subspezies dazugehört, sind weitestgehend geblieben, wenn auch unter anderen Voraussetzungen zusammengefasst und erzählt worden. Man hätte abwarten müssen, wie sich diese Geschichten weiterentwickelt hätten, wenn sie Erfolg gehabt hätten, aber anscheinend konnten diese Geschichten nicht genügend Leute überzeugen. Das ist zwar Schade, lässt sich aber so gesehen nicht weiter verwundern. Ich mag das Thema, weswegen ich auch hier weiterhin die gesamte Geschichte im Auge behalten werde, aber wie schon gesagt: Hier ist leider nichts mehr zu erwarten.

Montag, 5. Februar 2018

Rezension: Chastity. Theatre of Pain (written by Brian Polido)

Cover: Chastity. Theatre of Pain
Verlag: Chaos Comcis
Ich glaube ich habe schon mal irgendwo erwähnt, dass ich in den 90ern eher zufällig ziemlich schnell begeistert worden bin, als ich über die Serie „Lady Death“ von Chaos Comics gestolpert bin. Die Simple Idee, klassische Horror-Figuren unterschiedlicher Natur zu nehmen und von ihren Motiven und Handlungen her so aufzustellen, dass sie wie Superhelden Funktionierten, hatte was. (Dummerweise ging Chaos Comics dann relativ schnell Anfang der 2000er-Jahre pleite und ich sah mich erstmals gezwungen Sachen nachzukaufen, die ich „damals“ links liegen gelassen hatte. Was aus verschiedenen Gründen auch nicht immer so gut ging.) Tja, was soll ich sagen: Vampire und Horror sind ja in gewisser Weise immer noch mein Steckenpferd geblieben und als ich vor kurzem mal wieder über Chaos Comcis gegooglet habe las ich mit deutlichem Interesse, dass die IPs aus der damaligen Zeit ein kurzes Aufleben unter dem Regime von Devils Due Publishing/Dynamite Entertainment hatten. (Leider bei weitem nicht so erfolgreich wie noch zu Chaos Bestzeiten, aber was solls?) Jedenfalls habe ich das als Antrieb genommen mal wieder Dinge zu verfollständigen, die ich irgendwann mal angefangen hatte. (Und die Folge daraus ist, dass ich einen gewalltigen Einkauf von Chastity-Heften später euch jetzt mit diesen Zeilen langweile.)

Das lustige an der ganzen Sache ist nur, dass wir heute, gut 20 Jahre nach dem ersten Auftritt von Chastity eine gänzlich andere (und auch auf ganz andere Weise unheimliche) Herangehensweise an das Thema Vampire haben und das ausgerechnet die beiden Origin-Storys von Chastity diese beiden Herangehensweisen auf der Meta-Ebene betrachtet geradezu sarkastisch widerspiegeln. Ich habe mir irgendwann mal vorgenommen hier auf dem Blog nur Sammelbände zu besprechen, weswegen es eine sehr positive Überraschung war, dass ich (als Ergänzung zu dem ganzen Heftkäufen über die einschlägen Vertriebsplatformen) eine TPB-Ausgabe von „Theatre of Pain“ aufgabeln konnte, was die Origin-Story Chastitys darstellt, wie sie sich Brian Polido, damals kreativer Kopf von Chaos Comics, ursprünglich gedacht hat.

Die Geschichte von Chastity springt gelegentlich hin und her und macht einige Rückblenden. Von daher machen wir mal einfach einen Versuch: Das Ganze beginnt im Jahr 1976, wo eine junge Frau Namens Chastity Marks inmitten der Londoner Punk-Rock-Szene als Roadie für eine Band Namens „The Nobs“ über die Runden zu kommen versucht. Und jetzt wird es spannend: Während sie vom Manager der Gruppe mal wieder dazu drangsaliert wird neue Drumsticks aus dem Band-Transporter zu holen wir sie von einem fetten, schmierigen Typen überfallen, der es aber nicht – wie man es normalerweise in einer solchen Situation erwarten würde – auf ihre Unterwäsche abgesehen hat, sondern auf ihre Halsschlagader. Schwer verwundet schleppt sich Castity von dannen und wir erfahren im Anschluss ein wenig mehr über sie.
Chastity war Wochen zufor noch in Toledo Ohio und lebte ein weniger glückliches Leben unter der fuchtel ihres (vermutlich) alkoholkranken, agressiven Vaters, wobei sie davon träumte als Schauspielerin an der Rouyal Shakespear Academy angenommen zu werden. Nach einem weiteren, letzten Übergriff ihres Vaters brach sie von zu Hause aus und setzt sich über einen kurzen Zwischenstopp in New York nach London ab… nur um dort dann Mittellos vor den Türen der großen Schauspielschule zurückgewisen zu werden. (In gewisser Weise schlägt man ihr die Tür vor der Nase zu.)
Was dann folgt ist eben jener Weg in den Punk-Rock, der zu dem Ereignis führt, an dem Castity eigentlich ausgeblutet auf dem Gehsteig irgendeiner Londoner Seitenstraße hätte verrecken sollen…

Dummerweise ist das aber nicht der Fall und Chastity erwacht erneut inmitten der Gesellschaft der Vampire. Unter der Fuchtel der Countess, die entdeckt, dass Chastity eine besondere Fähigkeit hat, wird sie zu einer Assasine ausgebildet. Erhält unzählige Aufträge, andere Vampire zu töten, ohne zu wissen was es damit auf sich hat. (Zur Erklärung: Anscheinend gibt es innerhalb der Welt von Chaos Comics so etwas wie einen sechsten Sinn bei den Vampiren, der dazu führt, dass sie einander Erkennen können. Chastity, eventuell durch ihre Geschichte geprägt, ist ein gewaltiges, schwarzes Loch, das nicht als Vampir erkannt werden kann.)
Dummerweise stellt sich aber im Verlauf heraus, dass Chastity auf der falschen Seite steht und jetzt einen Weg finden muss, die ihr bis dahin unbekannte Vampir-Gesellschaft zu verstehen und sich aus ihr frei zu kaufen.

Was wir hier haben ist eine Geschichte, die sehr stark auf dem Drama-Charakter der 90er lebte und in sehr vielen Aspekten noch das klassische Vampir-Bild mit grausamen, blutrünstigen Monstern enthielt. Wenn auch mit bestimmten Romanzen-Aspekten hier und da angereichert. Von daher stimmt es schon, dass die 90er bereits einen Ansatz zum Vampir als begehrenswertes Wesen hatten (oder als begehrendes Subjekt) jedoch nicht in der Katastrophalen Weise, wie es diese Glitzerviecher der 2000er in der Popkultur wurden. Hinzu kommt, dass hier eine sehr starke Vampir-Gemeinde von Internationalem Ausmaß angedeutet wird, die unter schweren Erfahrungen einen brüchigen Frieden mit besonderem, ans Religiöse angelehnte, Traditionen zu leben scheinen. (Und damit einige Anleihen an die WoD aufgezeigt werden. Es ist zwar nicht bekannt, ob Chastity hier wirklich stellenweise von Inspiriert wurde, allerdings hat White Wolf zumindest Chaos Comics nicht verklagt. Anders als Beispielweise die Macher der Fernsehserie „Clan der Vampire“ oder „Underworld“, die tatsächlich entsprechende, rechtliche Probleme zumindest Kurzfristig erleben mussten.) Zusätzlich kommt halt noch die Tatsache hinzu, dass die entsprechende Geschichte mit der Punk-Szene verbunden ist und zwangsweise in die Gothic-Szene hineinläuft. Innerhalb dieses Comics gibt es bereits sehr viele Anleihen, die stilistisch auf diese Richtung hinweisen. (Letzten Endes sieht man das auch schon auf dem Cover, welches Chastity in drei „Lebenssituationen“ darstellt.)

Abgerundet werden diese Rund 80-Seiten, welche die Gleichnamige Miniserie „Theatre of Pain“ in den Ausgaben 1-3 zusammenträgt um einige Desighnentwürfe, stellenweise nur Bleistiftskizzen, stellenweise aber auch schon geinkte Zeichnungen, die allesamt den Werdegang der Figur von der Idee zum fertigen Äußeren Prsäsentieren, sowie der typischen zusammenfassung an Covern am Ende des Bandes, welche leider bei weitem nicht den vollständigen Einblick bieten, der insgesamt damals an Variant-Covern für diese Mini-Serie produziert worden ist. (Gerade Chaos Comics waren einer der berüchtigten Verlage, die Zig „Sammler-Minieditionen“ eines Comicheftes herausgehauen hatten und dabei durchaus eine ganze Menge Cover zusätzlich in kleiner Stückzahl druckten um auf diesem Weg einen besseren Schnitt für ihre Produkte zu generieren. Das war während der 90er durchaus noch ein wesentlich präsenteres Phänomen als auf dem heutigen US-Comicmarkt, da damals ein Hoch in der Comic-Sammlerkultur existierte und Zeitweise das „Produkt“ Comic als Spekulationsware gehandelt wurde, das eingelagert hinter dicken Tresotüren die Finaz-Grundlage für ganze Fonts bildete.)

Fazit


Ich liebe diese Form von Drama, welches diese doch sehr spezielle Origin-Story ausmacht. Vieles zeigt noch Vampire, die im dunklen agieren und in blutrünstiger Absicht übereinander herfallen. Wer das mag, wird mit den 90er Chaos Comcis vermutlich insgesamt sehr viel Freude haben, da das ganze Konzept, auf das die einzelnen Figuren damals hinausliefen immer wieder diesen doch sehr eigensinnigen, besonderen Charakter hatte, der die Frage stellte, wie man Monster als Helden begreifen kann, ohne ihnen das finstere Moment dabei zu nehmen.